Aktion zum Karfreitag 2023

Iran: Freiheit für verhaftete Anwält:innen!

Woman Life Freedom wall painting
duncan cumming, Flickr CC BY-NC 2.0
7
Apr
2023
Mit willkürlichen Verhaftungen, Todesurteilen und Hinrichtungen will das iranische Regime Aktivist:innen und Demonstrierende einschüchtern. Anwält:innen, die diese Menschen zu verteidigen versuchen, riskieren ebenfalls drakonische Massnahmen. Momentan gibt es zahlreiche verhaftete Anwält:innen.

Die iranische Führung ist nervös. Ihre Repression kann die Protestwelle, die das ganze Land seit September 2022 erfasst hat, nicht ersticken. Länder und Institutionen wie die UNO beschliessen eine Sanktion nach der anderen. «Die Behörden der Islamischen Republik verabscheuen die internationalen Verurteilungen und die Medienberichterstattung über ihre Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten», sagt Hadi Ghaemi vom Center for Human Rights in Iran. «Deshalb geben sie sich viel Mühe, diese Fälle zu vertuschen.» Einerseits berichtet die NGO, wie Angehörige von gefangenen, verletzten und getöteten Demonstrierenden bedroht und misshandelt werden, damit sie schweigen. Andererseits seien auch gute AnwältInnen den iranischen Autoritäten ein Dorn im Auge.

Vom Justizchef genehmigte Anwaltsliste

Das iranische Regime hat mehrere Methoden, um AnwältInnen mundtot zu machen. Die meisten Gefangenen sind gezwungen, sich von Anwälten vertreten zu lassen, die auf einer vom Justizchef Gholamhossein Mohseni-Esche’i genehmigten Liste stehen. Mohseni-Esche’i war schon seit Jahrzehnten bekannt für seine führende Rolle bei Hinrichtungen, Tötungen und Folter. Die zugelassenen Anwälte arbeiten entweder mit dem Staats­sicherheitsapparat zusammen oder haben nicht die nötigen Kompetenzen, um ihre Mandanten zu verteidigen. Ausserdem haben Anwälte oft, wenn überhaupt, nur Stunden oder sogar Minuten Zeit, um umfangreiche Dossiers einzusehen. Der 22-jährige Mohammad Mehdi Karami zum Beispiel wurde in nur einer Woche zum Tod verurteilt. Das gesamte Gerichtsverfahren dauerte von seiner Verhaftung bis zu seiner Hinrichtung am 7. Januar 2023 zwei Monate.

Trotzdem gibt es immer noch unabhängige Anwält:innen. Um faire Verfahren völlig zu verunmöglichen, werden auch sie eingeschüchtert und eingesperrt. «Menschenrechtsanwälte waren für Aktivisten, die sich um Grundrechte bemühten, ein Rettungsanker und eine Stimme. Die Behörden versuchen, die letzten Anwälte im Iran auszuschalten, die noch in der Lage und willens sind, sich dieser Fälle anzunehmen», sagt Hadi Ghaemi.

Die Todesstrafe im Iran: «Jede Hinrichtung im Iran ist eine politische Hinrichtung»

Iran ist seit vielen Jahren bekannt ist als das Land, das nach China am meisten Menschen hinrichtet. Das ist kein Zufall. Das Mullah-Regime, an der Macht seit der islamischen Revolution von 1979, braucht die Todesstrafe. Es konnte damit eine Barriere der Angst errichten. Doch seit dem Anfang der Massenproteste im Iran im September 2022 droht diese Barriere der Angst zu brechen. Die Antwort des Regimes: Stärke zeigen durch eine noch harschere Repression. Menschen werden zum Tode verurteilt, weil sie auf die Strasse gehen. Weil die iranische Verfassung die Versammlungsfreiheit garantiert, werfen die Revolutionsgerichte den Aktivisten und Demonstrierenden Verbrechen wie Brandstiftung, Terror oder Mord vor und nutzen Anklagen wie «bewaffnete Rebellion», «Korruption auf Erden» oder «Kriegsführung gegen Gott». Geständnisse werden in der Regel durch Folter erzwungen. «Jede Hinrichtung im Iran ist eine politische Hinrichtung», sagte der Iran-Experte Mahmood Amiry-Moghaddam im November 2022 am Weltkongress gegen die Todesstrafe.

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Shima Abedinzade, Pixabay

Petition: Freiheit für verhaftete Anwält:innen!

Sammelfrist abgelaufen, Petition übergeben

Mit einer Petition haben wir unsere Sorge über das Ausmass der brutalen Unterdrückung aller regierungskritischen Tendenzen im Iran, die flagrante Aushöhlung der Rechtsgarantien im iranischen Justizsystem, die Verweigerung fairer Strafverfahren und die zahlreichen Todesurteile ausgedrückt. Weiter haben wir beanstandet, dass Anwältinnen und Anwälte wegen der rechtmässigen Ausübung ihres Berufs festgenommen werden. Schliesslich haben wir die Behörden an ihre Verpflichtungen aus dem UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte erinnert, dessen Artikel 14 das Recht auf eine frei gewählte Verteidigung festhält und dessen Artikel 6 die Todesstrafe auf «schwerste Verbrechen» beschränkt und für Jugendliche unter 18 Jahren ganz verbietet.

Die Petition wurde übergeben. Darin forderten wir den Religionsführer Ali Chamenei und den Justizvorsitzenden und Obersten Richter Gholamhossein Mohseni-Esche’i dringend auf:

  1. die folgenden RechtsanwältInnen unverzüglich und bedingungslos freizulassen und anzuordnen, dass keine weiteren AnwältInnen schikaniert, bedroht, eingeschüchtert, an ihrer Arbeit gehindert oder festgenommen werden:
    Mohammad Reza Faghihi; Amir Adel Ahmadian; Ahmadali Barani; Mohammad Rezaei; Firoozeh (Zahra) Khordehchi; Mostafa Nili; Saeid Ataie Kachuie; Arash Keykhosravi; Zahra Nazari Gomishani; Oveis Hamed Tavakkoli; Ghahreman Karimi; Saeideh Mirghorbani; Farzaneh Akbarian; Reza Hamzehie; Maryam Arvin; Hadi Razavi; Amir Dehghani; Elham Zera’at;
  2. allen Angeklagten bedingungslos und uneingeschränkt das Recht auf Verteidigung durch Anwälte ihrer Wahl und auf einen fairen Prozess zu gewähren;
  3. die Fussnote zu Artikel 48 der Strafprozessordnung von 2015 aufzuheben, welche Angeklagten bei «Straftaten gegen die innere oder äussere Sicherheit» das Recht auf eine frei gewählte Verteidigung verwehrt;
  4. die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Iran mit der Ratifikation des IPBPR eingegangen ist, ausnahmslos einzuhalten;
  5. der staatlichen Gewalt gegen Protestierende ein Ende zu setzen.
Kreuzabnehmung
Roel De Beukeleer

Gebet zu Karfreitag 2023

«Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.»
Lukas 23:34

Am Karfreitag gedenken die Christen der Kreuzigung und des Todes Christi. Nach dem Matthäusevangelium (26,65-66) bestätigt Jesus vor Gericht seine Identität als Messias, was zu seiner Verurteilung durch die wichtigsten Geistlichen führt: Der Hohepriester erklärt: «Was brauchen wir noch Zeugen! Ihr habt soeben die Gotteslästerung gehört. Was ist eure Meinung?» Sie antworteten: «Er verdient den Tod».

Anhand der Ereignisse von Karfreitag sehen wir, wie die für Theokratien typische Unterdrückung funktioniert, die unter anderem auf dem Vorwurf der «Aggression gegen Gott» beruht – wie im heutigen Iran. Wir werden uns auch der Grausamkeit und der Unumkehrbarkeit jeder Todesstrafe bewusst. Der Tod Christi am Kreuz, der sein Leben für alle Menschen hingegeben hat, verweist uns auf paradoxe und brutale Weise auf die Heiligkeit allen Lebens.

Gebet für die Menschen im Iran

Gott, du Liebhaber des Lebens,
wir sehen, wie mutig das iranische Volk
für seine Menschenrechte aufbegehrt.
Wir hören die Schüsse der Regierung,
das Stöhnen der Zusammengeschlagenen,
die Schreie der Inhaftierten,
das Weinen über die Todesopfer.

Falle den Gewalttätern in den Arm
und stürze die Diktatoren vom Thron.
Schärfe die Gewissen der Verantwortlichen.
Hilf, dass das Böse vom Guten überwunden wird.
Öffne allen die Augen
im Nächsten dein Ebenbild zu achten.
Schenk Weisheit zu neuen Strukturen der Gerechtigkeit und des Friedens 
im Iran und in aller Welt! Amen.

Quelle: Evangelische Kirche im Rheinland, Deutschland (www.ekir.de)